Im Durchschnitt sind Immobilienkäufer beim ersten Hauserwerb etwa 40 Jahre alt. Weil die Menschen in Deutschland jedoch immer älter werden, spielt das Thema Kreditfähigkeit im Alter seit Jahren eine wichtige Rolle, so Mathias Breitkopf, Leiter Privatkundengeschäft beim Finanzierungsvermittler Interhyp.
„Bei uns werden rund 15 Prozent aller Finanzierungen von Menschen ab 55 Jahren abgeschlossen. Dieses Verhältnis hat sich in den vergangenen fünf Jahren kaum verändert.“ Unter denen, die eine Erstfinanzierung eingehen, seien rund zehn Prozent der Kunden 55 Jahre und älter. Unter den Kunden mit Anschlussfinanzierung zählten etwa 20 Prozent zu dieser Altersgruppe.
Banken schauen bei Menschen ab 55+ genauer hin
Ob die Bank älteren Menschen einen Immobilienkredit gewährt, hängt nicht vom Alter ab, sondern von der gesamten finanziellen Situation. Die Kreditinstitute orientieren sich hierbei an einer seit 2018 geltenden Richtlinie mit dem sperrigen Titel Immobiliar-Kreditwürdigkeitsprüfungsleitlinien-Verordnung. Demnach fließen etwa die Zeit für die Rückzahlung des Darlehens und die Sicherheit, die der Immobilienwert bietet, in die Beurteilung der individuellen Finanzlage ein.
Kurz gesagt: Die Banken prüfen, ob die Kreditnehmenden ihren Verpflichtungen nachkommen können. „Wenn das Darlehen nicht bis zum Renteneintritt zurückbezahlt werden kann, verlangen Kreditinstitute in der Regel eine Rentenvorausberechnung oder Rentennachweise“, sagt Mathias Breitkopf von Interhyp.
Ältere Kreditnehmende: Mehr Eigenkapital und höhere Tilgung
Durch die vermutlich kürzere Kreditlaufzeit sind die Anforderungen an ältere Menschen etwas anspruchsvoller: Sie müssen laut Mathias Breitkopf in der Regel schneller zurückzahlen, also höher tilgen. So verlangen etliche Kreditinstitute ab einem bestimmten Alter eine jährliche Mindesttilgung von beispielsweise drei Prozent der Gesamtdarlehenssumme.
„Die höhere Tilgung ist aber auch ein Vorteil hinsichtlich der Konditionen, da sich der Zinssatz für ein Darlehen unter anderem an der Tilgungshöhe und am Beleihungsauslauf orientiert“, erläutert Breitkopf. Der Beleihungsauslauf, das heißt der Anteil des Objektwertes, der mittels Darlehen beliehen wird, sollte dem Interhyp-Finanzierungsexperten zufolge zwischen 70 und maximal 90 Prozent liegen. Das bedeutet, ältere Menschen müssen mehr Eigenkapital in die Finanzierung einbringen. Dann sei es allerdings durchaus möglich, dass ältere Menschen beim Erstkredit sehr gute Konditionen erhalten, so Breitkopf.
In vielen Fällen werden Banken bei Senioren eine höhere Eigenkapitalquote verlangen, meinen Verbraucherschützer. Das wird bei den derzeit immer noch hohen Immobilienpreisen vor allem in den Großstädten zum Problem. „In Hamburg kann eine 80-Quadratmeter-Wohnung problemlos 600.000 Euro kosten“, sagt etwa Dirk Cordes von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Wenn Sie hier nicht mindestens 200.000 Euro Eigenkapital mitbringen, wird das nichts werden.“
Grundsätzlich sollten auch solvente ältere Menschen, die eine Immobilienfinanzierung planen, darauf achten, dass die monatlichen Belastungen zum Einkommen passen. „Alles, was bis zur Höhe der Miete einer durchschnittlichen Wohnung reicht, kann verkraftbar sein“, meint Cordes. Dennoch sollte man sich bewusst sein, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit mit dem Renteneintritt eher abnimmt.
Im Zweifel sichern die Erben die Chance auf ein Darlehen
Wer nicht hoch tilgen oder nicht ausreichend eigenes Geld zur Finanzierung beisteuern kann, muss der Bank eine andere Sicherheit bieten. Manchmal lassen sich Finanzinstitute dadurch überzeugen, dass die Nachkommen in den Darlehensvertrag aufgenommen werden. Laut Verbraucherschützer Cordes ist diese Vorgehensweise kein Einzelfall.
„Die Mithaftung der Erben, wenn diese den Kreditvertrag mitunterschreiben, hilft“, sagt Mathias Breitkopf. „Denn mit dem Einkommensnachweis der Jüngeren gewinnt die Bank die Sicherheit, dass sie die Immobilie nicht verwerten muss.“ Manchen Kreditgebern reicht aber auch ein Nachweis über das Einkommen der Erben, ohne dass diese gleich in den Kreditvertrag aufgenommen werden müssen.
Kann sich eine späte Immobilienfinanzierung lohnen?
Auch wenn jüngere Menschen mehr Spielraum bei der Immobilienfinanzierung haben: Mit dem Haus- oder Wohnungskauf zu warten, kann in bestimmten Fällen sogar sinnvoll sein. Wer zum Beispiel häufig im Ausland arbeitet oder regelmäßig versetzt wird, muss sich nicht schon in jungen Jahren eine Immobilie ans Bein binden, findet Dirk Cordes von der Verbraucherzentrale. Mathias Breitkopf sieht gerade im fortgeschrittenen Alter gute Voraussetzungen für einen Hauskauf: „Die meisten Menschen haben im Alter bereits etwas an Eigenkapital angespart, sie haben ein höheres Einkommen, sie wissen, wo sie Wurzeln schlagen wollen – und das Thema Kinderbetreuung und Elternzeit spielt auch keine Rolle mehr.“